Genaueres Verorten von Punkten in einem Netzwerk mithilfe der Peilung

Bei der Netzwerkanalyse muss Network Analyst für jede Analyseeingabe den Standort im Netzwerk-Dataset bestimmen. Netzwerkstandorte werden auf Grundlage von verschiedenen Faktoren berechnet, wie z. B. die geographische Position der Eingaben, die Einstellungen für die durchzuführende Netzwerkanalyse und die benutzerspezifischen Standorteinstellungen im Werkzeug bzw. in der Funktion, mit dem bzw. der die Eingaben verortet werden.

Weitere Informationen zum Verorten von Netzwerkanalyse-Eingaben

Die Richtung, in die sich ein Fahrzeug bewegt, ist ein weiterer Faktor, der zur genaueren Bestimmung des Standortes im Netzwerk herangezogen werden kann. Die Grafiken unten veranschaulichen dieses Prinzip.

GPS-Position ohne Peilung, als Kreis dargestellt
Ohne Peilungsinformationen ist es schwierig zu beurteilen, auf welcher Straße sich das Fahrzeug befindet. Es könnte sich auf der Straße in Nord-Süd-Richtung oder auf der Straße in Ost-West-Richtung befinden.
GPS-Position mit Peilung, als Dreieck dargestellt
Wenn die Peilungsinformationen berücksichtigt werden, wird deutlich, dass das Fahrzeug in nördlicher Richtung auf der Nord-Süd-Straße unterwegs ist.

Mit der Erweiterung "ArcGIS Network Analyst" kann dieses Prinzip für die genauere Verortung von Punkten in einem Netzwerk-Dataset genutzt werden.

GPS-Geräte berechnen häufig die Peilung zusätzlich zur aktuellen geographischen Position. Sie können diese Peilungsdaten bei der Netzwerkanalyse zur Verortung von Punkten im Netzwerk verwenden. Auf diese Weise können Sie Netzwerkanalyseobjekte genauer platzieren. Dies trägt auch dazu bei, Verwirrung beim Fahrer zu vermeiden, da die Routen und Wegbeschreibungen, die Sie aus diesen beweglichen Punkten erstellen, wahrscheinlich am korrekten Standort beginnen.

Es kommt z. B. häufig vor, dass der aktuelle Standort und die Peilung eines Lastwagens über ein mit einem GPS-Empfänger ausgestattetes Mobiltelefon an ArcGIS Server gesendet werden, wo die Informationen als erster Stopp in einer Routenanalyse geladen werden. Andere Stopps, die der Lastwagen noch nicht erreicht hat, werden ebenfalls geladen, die Route wird berechnet, und die Ergebnisse und die Wegbeschreibung werden an das Telefon des Fahrers zurückgesendet. Durch Verwenden der Peilungsinformationen während dieses Vorgangs kann verhindert werden, dass die Route des Lastwagens auf der falschen Straße beginnt, wenn er sich zufällig in der Nähe einer Kreuzung oder einer Überführung befindet. Außerdem kann so die Richtung, in die das Fahrzeug fährt, von der Erweiterung "ArcGIS Network Analyst" überprüft werden, sodass der Start der resultierenden Route der aktuellen Fahrtrichtung des Fahrzeugs entspricht.

Felder "Bearing" und "BearingTol"

Von der Erweiterung "ArcGIS Network Analyst" können Peilungsinformationen aus den Feldern Bearing und BearingTol in den Netzwerkanalyse-Eingaben verwendet werden. Diese Felder sind nachfolgend beschrieben.

  • Bearing: Die Richtung, in die sich ein Fahrzeug oder eine Person bewegt. Die Peilung muss in Grad angegeben werden und wird im Uhrzeigersinn von geographisch Nord gemessen. In der Regel liegen die Werte zwischen 0 und 360. Von Network Analyst werden jedoch auch negative Werte ausgewertet, indem sie einfach von 360 Grad subtrahiert werden.
  • BearingTol: Abkürzung für Peilungstoleranz (Bearing Tolerance). Hier legen Sie die maximal zulässige Differenz zwischen dem Kurs eines Fahrzeugs und einer Tangentenlinie von dem Punkt auf einer Straße fest, an dem Network Analyst versucht, das Fahrzeug zu verorten. Anders ausgedrückt wird die Peilungstoleranz verwendet, um zu bestimmen, ob die Richtung, in der sich ein Fahrzeug bewegt, mit der Straße darunter übereinstimmt. Wenn sie innerhalb der gegebenen Toleranz übereinstimmen, wird das Fahrzeug auf dieser Kante verortet. Andernfalls wird die übernächste geeignet Kante ausgewertet.

    Als Einheit für BearingTol wird Grad verwendet. Der Standardwert ist 30. Sie können eine Toleranz wählen, die zwischen 0 und 180 liegt.

Network Analyst und die Felder "Bearing" und "BearingTol"

Die folgenden Schritte bieten einen Überblick, wie die Peilungsfelder von Network Analyst ausgewertet werden:

  1. Der Punkt wird von Network Analyst an der nächstgelegenen Kante gefangen.
  2. Die Peilungstoleranz wird von dem Punkt auf der nächstgelegenen Kante berechnet, um den Minimal- und den Maximalwert für die Peilung festzulegen. Dies wird für beide Reiserichtungen durchgeführt.
  3. Die Peilung des Punktes, den Sie hinzufügen, wird mit den minimal und maximal zulässigen Peilungswerten für beide Reiserichtungen verglichen.
    • Wenn sich die Peilung innerhalb der Toleranz befindet, wird der Punkt dort als Netzwerkstandort hinzugefügt. Die Reiserichtung auf der Straße wird ebenfalls bestimmt – sie entspricht der Richtung der Peilungstoleranz, in der sich die Peilung befindet.
    • Wenn sich die Peilung außerhalb der Toleranz befindet, wird der Punkt nicht verortet, und die Peilungstoleranz der übernächsten geeigneten Kante wird ausgewertet. (Manche Kanten sind möglicherweise aus anderen Gründen ungeeignet. Zum Beispiel, wenn Sie auswählen, dass nicht auf eingeschränkten Elementen verortet wird oder dass alle Landstraßen ausgeschlossen werden. In diesem Fall werden alle unzulässigen Kanten bzw. alle Landstraßen übersprungen.) Dieser Prozess wird wiederholt, bis der Punkt auf einer geeigneten Kante verortet ist. Wird die angegeben Fangtoleranz überschritten, bleibt der Punkt unverortet.

Verwenden der Felder "Bearing" und "BearingTol" in der Analyse

Wenn Sie eine Analyse mit Netzwerkanalyse-Layern durchführen und dabei Punkte als Eingabeklassen laden – beispielsweise Stopps, Einrichtungen oder Startpunkte –, verwendet das Werkzeug Standorte hinzufügen automatisch die Felder Bearing und BearingTol der Eingabetabelle. Eine Feldzuordnung oder sonstige besondere Konfiguration ist nicht notwendig. Solange die Felder in den Eingabedaten vorhanden sind, werden sie verwendet.

Wenn in Python eine Analyse mit dem Network Analyst-Modul (arcpy.nax) durchgeführt wird, müssen die Felder Bearing und BearingTol für jede Analyse-Eingabeklasse explizit in die Liste der unterstützten Felder einbezogen werden. Um die Felder verwenden zu können, müssen Sie die Eingabefelder den Feldern in der Eingabeklasse zuordnen. Verwenden Sie dazu wie gewohnt den Parameter field_mappings der Methode load.

Weitere Informationen zur Feldzuordnung im Network Analyst-Modul

Beachten Sie bei der Arbeit mit den Feldern Bearing und BearingTol Folgendes:

  • Für die Felder Bearing und BearingTol in den Eingabedaten muss der Datentyp "Short", "Long" oder "Double" angegeben werden.
  • Wenn die zugeordneten Eingabefeldwerte für einen Punkt Null sind, wird der Punkt standardmäßig verortet, d. h. ohne Berücksichtigung von Peilung und Peilungstoleranz.

Beispiel

In den folgenden Grafiken wird veranschaulicht, wie die Felder Bearing und BearingTol von Network Analyst verarbeitet werden.

In nördlicher Richtung fahrendes Fahrzeug
1. Ein Fahrzeug mit einem GPS-Empfänger in einem Mobiltelefon fährt in nördlicher Richtung über einer vierspurige Kreuzung und sendet seine aktuelle Position und Peilung an ArcGIS Server, wo die Erweiterung "Network Analyst" ausgeführt wird.
GPS-Koordinate und -Peilung
2. Die schwarzen Linien stellen Netzwerkkanten dar. Das Dreieck und die gestrichelte Linie stellen die Position und die Peilung des Fahrzeugs so dar, wie sie vom GPS-Empfänger aufgezeichnet wurden. Beachten Sie, dass die aufgezeichnete Position recht ungenau ist. Dies kann an Ungenauigkeiten des GPS-Empfängers, Ungenauigkeiten der digitalisierten Straßen oder an beidem liegen. Der GPS-Empfänger gibt auch an, dass die Peilung ungefähr 345 Grad beträgt, was ebenfalls nicht ganz korrekt ist. Da das Fahrzeug in nördlicher Richtung fährt, sollte sie 0 Grad betragen.
Peilung außerhalb der Peilungstoleranz
3. Der Punkt wird an der nächstgelegenen Kante gefangen und mit der Peilungstoleranz verglichen, die in diesem Beispiel durch die blauen Farbverläufe dargestellt wird. Der Wert für "BearingTol" ist 30, d. h. die Toleranz umfasst 15 Grad auf beiden Seiten der Kante in östlicher und westlicher Richtung. Die roten Pfeile werden hinzugefügt, um hervorzuheben, dass die Peilung in beiden Richtungen um mehr als 15 Grad von der Kante entfernt ist. Da sich die Peilung außerhalb der Toleranz befindet, wird der Punkt nicht auf dieser Kante verortet.
Peilung innerhalb der Peilungstoleranz
4. Der Punkt wird an der übernächsten Kante gefangen und dort als Netzwerkstandort geladen, da sich die Peilung innerhalb der Peilungstoleranz befindet. Außerdem ist der Erweiterung Network Analyst bekannt, dass sich das Objekt in nördlicher Richtung bewegt, da sich die Peilung in der nach Norden gerichteten Peilungstoleranz befindet.