Die Erfassung und Analyse hyperspektraler Bilddaten gehört zu den Fernerkundungstechnologien, bei denen Informationen aus dem elektromagnetischen Spektrum in zahlreichen, eng definierten Wellenlängenbändern erfasst und analysiert werden. Luftgestützte Sensoren und hyperspektrale Satellitensensoren erfassen Bilddaten aus Hunderten oder gar Tausenden zusammenhängender Spektralbänder, von denen jedes eine sehr geringe Bandbreite von Wellenlängen darstellt. Dank der hohen spektralen Auflösung der hyperspektralen Bilddaten lassen sich Objekte und Materialien aufgrund ihrer einzigartigen Spektralsignatur und anderer analytischer Eigenschaften identifizieren.
Merkmale hyperspektraler Bilddaten
Sensoren für hyperspektrale Bilddaten (HSI) erfassen eine breite Palette von Wellenlängen im elektromagnetischen Spektrum und liefern so sehr detaillierte Spektralinformationen über Objekte und Oberflächen. Zu den wichtigsten Merkmalen gehören folgende:
- Hohe spektrale Auflösung: Hyperspektrale Bilddaten erfassen Hunderte von zusammenhängenden Spektralbändern, die in der Regel den sichtbaren Bereich, Nahinfrarot (NIR), Kurzwelleninfrarot (SWIR,) und manchmal Wärmeinfrarot (TIR) abdecken.
- Spektralsignaturen: Jedes Material hat eine einzigartige Spektralsignatur, die eine genaue Identifizierung von Materialien auf der Grundlage ihrer Reflexionseigenschaften ermöglicht.
- Zusammenhängende Spektralbänder: Die Bänder werden nicht diskontinuierlich, sondern kontinuierlich erfasst, wodurch ein detailliertes Spektralprofil für jedes Pixel gewährleistet ist.

- Hohes Datenvolumen: Aufgrund der großen Anzahl von Bändern erzeugen hyperspektrale Bilddaten erhebliche Datenmengen, die fortschrittliche Verarbeitungstechniken wie Spektralbandauswahl, Dimensionsreduktion oder maschinelles Lernen erfordern.
- Materialunterscheidung: Die detaillierten Spektralinformationen ermöglichen eine bessere Unterscheidung zwischen ähnlich aussehenden Materialien, was bei Anwendungen wie Darstellung von Mineralien, Landwirtschaft und Umweltüberwachung nützlich ist.
- Räumliche und spektrale Korrelation: Jedes Pixel enthält ein vollständiges Spektralprofil, das sowohl eine räumliche als auch eine spektrale Analyse der Objekte in einer Szene ermöglicht.
- Disziplinübergreifende Anwendungen: Hyperspektrale Bilddaten werden häufig in der Landwirtschaft (Überwachung des Gesundheitszustands von Nutzpflanzen), in der Geologie (Erkundung von Mineralien und Kohlenwasserstoffen), im Verteidigungsbereich (Erkennung von Zielen), in der medizinischen und materiellen Bildgebung sowie in der Umweltwissenschaft eingesetzt.
Unterstützte Sensoren
Zu den unterstützten Sensoren und den dazugehörigen Raster-Datasets gehören die folgenden:
- AVIRIS: Der Airborne Visible/Infrared Imaging Spectrometer (AVIRIS) ist ein luftgestützter Bilddatensensor mit 224 zusammenhängenden Spektralbändern, die von Ultraviolett (360 Nanometer) bis zum kurzwelligen Infrarot (2.500 Nanometer) reichen. Die Bodenauflösung hängt von der Flughöhe ab.
- EMIT: Das EMIT-Instrument (Earth Surface Mineral Dust Source Investigation) ist ein weltraumgestütztes Bilddatenspektrometer mit 285 kontinuierlichen Bändern im Bereich von 380 Nanometern bis 2.500 Nanometern. Die Bodenauflösung beträgt 60 Meter pro Pixel.
- EnMAP: Das Environmental Monitoring and Analysis Program (EnMAP) ist eine deutsche Satellitenmission zur Erfassung von hyperspektralen Bilddaten mit 246 Spektralbändern im Bereich von 420 Nanometern bis 2.450 Nanometern. Die Bodenauflösung beträgt 30 Meter pro Pixel.
- Hyperion: Hyperion ist ein Spektrometer für Satellitenbilder mit 220 zusammenhängenden Bändern im Bereich von 360 Nanometern bis 2.500 Nanometern. Die Bodenauflösung beträgt 30 Meter pro Pixel.
- Tanager: Tanager ist ein hyperspektraler Sensor mit etwa 424 Bändern im Bereich von 400 Nanometern bis 2500 Nanometern. Die Bodenauflösung beträgt 30 Meter pro Pixel.
Weitere Informationen zu den unterstützten hyperspektralen Sensoren finden Sie unter Verwenden unterstützter hyperspektraler Sensoren.
Unter Hyperspektrale Daten hinzufügen erfahren Sie, wie Sie hyperspektrale Daten erfassen können.
Visualisieren hyperspektraler Bilddaten in einer Karte
ArcGIS unterstützt hyperspektrale Bilder, die in Standard-Raster-Formaten wie z. B. im TIFF- oder im ENVI-Format gespeichert werden, sowie im NetCDF-Format gespeicherte EMIT-Bilddaten und im ENVI-Format gespeicherte AVIRIS-Bilddaten. Da Sie nicht alle diese Formate durchsuchen oder Drag-and-Drop-Funktionen wie bei normalen Raster-Datasets im Bereich Katalog verwenden können, ist eine gängige Methode zum Hinzufügen von hyperspektralen Daten zu einer Karte die Verwendung der Schaltfläche Daten hinzufügen
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- Dieses Video wurde mit ArcGIS Pro 3.4 erstellt.
Arbeiten mit Spektralbibliotheken
ArcGIS Pro enthält einen Browser und einen Viewer für die Arbeit mit Spektralsignatur-Bibliotheken. Diese ermöglichen es Ihnen, Spektralsignaturen aus Bilddaten und einer Spektralbibliotheksdatei zu öffnen, anzuzeigen, zu sammeln, zu analysieren und zu speichern.
ArcGIS unterstützt die folgenden Spektralbibliotheken und Formate:
- USGS Spectral Library: Es werden Laborproben von bestimmten Mineralien, Pflanzen, chemischen Verbindungen und Baustoffen gemessen. Die Daten der Spektralbibliothek umfassen den Materialnamen, den Spektralbereich und die Anzahl der Bänder.
- Esri Spectral Library: Eine Esri Spectral Library-Datei (.esl) enthält den Sensor, den Materialnamen, Listen von Wellenlängen und Werte.
- ENVI Spectral Library: Eine ENVI Spectral Library (.sli) ist ein binäres Dateiformat, das zum Speichern von Sammlungen von Spektralsignaturen mit einem dazugehörigen Header (.hdr), der Metadaten wie Wellenlängen, Einheiten und Materialnamen enthält, verwendet wird.
Spektralbibliothek-Browser
Im Fenster Spektralbibliothek-Browser können Sie Spektralsignaturen aus ausgewählten Spektralbibliotheken durchsuchen, öffnen, in der Vorschau anzeigen und auswählen.

Spectral Signature Viewer
Der Spectral Signature Viewer dient zum Anzeigen, Erfassen und Speichern von Spektralsignaturen aus Bilddaten und einer Spektralbibliotheksdatei.

Bereich "Spektralsignatur"
Über den Bereich "Spektralsignatur" können Sie die Anzeige von Spektralsignaturen im Viewer steuern. Hier können Sie Namen bearbeiten, Farben der Spektralsignaturen ändern, Texte für den Viewer anpassen und ausgewählte Signaturen in eine Esri Spectral Library-Datei exportieren.

Analyse hyperspektraler Bilddaten
Die Komplexität von hyperspektralen Bilddaten erfordert fortschrittliche Funktionen zur Erfassung, Verwaltung und Analyse der Daten. Hyperspektrale Bilddaten werden im Mosaik-Dataset-Container verwaltet, in dem die radiometrischen, spektralen und räumlichen Informationen gespeichert und verarbeitet werden, um die Visualisierung und quantitative Analyse zu unterstützen.
Aufgrund der großen Anzahl von Spektralbändern, des Datenvolumens und der Beschaffenheit und Komplexität der hyperspektralen Bilddaten wurden spezielle Werkzeuge und einzigartige Methoden für die Analyse entwickelt. So wird z. B. das gesamte Spektrum des Sensors mit jedem Pixel des Bildes verknüpft. Auf diese Weise können Objekte und Materialien anhand ihrer Spektralsignaturen identifiziert werden, die oft feine spektrale Unterschiede aufweisen. Folglich wurden von der NASA, dem USGS, der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) und anderen internationalen Organisationen umfangreiche Spektralbibliotheken mit Tausenden von Materialien und Objekten entwickelt.
Im Folgenden werden verschiedene Werkzeuge und Funktionen zur Analyse von hyperspektralen Bilddaten beschrieben.
Lineare spektrale Entmischung
Das Geoverarbeitungswerkzeug Lineare spektrale Entmischung und die Raster-Funktion führen eine Subpixel-Klassifizierung durch und berechnen den Anteil verschiedener Materialien oder Landbedeckungstypen für einzelne Pixel. Sie berechnen den Anteil einzelner Pixel, die mehrere Typen von Landbedeckungen enthalten. Es wird ein Multiband-Raster erzeugt, in dem jedes Band dem Anteil der einzelnen Landbedeckungsklasse entspricht. Beispiel: Mit diesem Werkzeug und dieser Funktion können Sie in einem Bild mit hyperspektralen Bilddaten Landbedeckungen klassifizieren und Vegetationsarten, nackte Erde und tote Pflanzen identifizieren. Das Ergebnis ist ein multidimensionales Raster, dessen einzelne Ausschnitte Multiband-Raster sind, die den Anteil der einzelnen Bodenbedeckungsklassen enthalten. Weitere Informationen finden Sie unter dem Werkzeug Lineare spektrale Entmischung.
Bildabweichungen erkennen
Das Geoverarbeitungswerkzeug Bildabweichungen erkennen identifiziert Unregelmäßigkeiten in Bilddaten. Eine Abweichung in einem Bild bezieht sich auf Pixel, die sich erheblich von den Hintergrundwerten unterscheiden, wie z. B. Schiffe im Meer, Fahrzeuge auf einer Straße oder menschliche Bebauung in Naturgebieten.Das Werkzeug unterstützt die Methoden Reed-Xiaoli Detector (RXD), Uniform Target Detector (UTD) und KMEANS zur Erkennung von Bildabweichungen. Es verarbeitet ein Multiband- oder Hyperspektralbild und erstellt ein Punktzahl-Raster für Abweichungen. Ein Punktzahl-Raster für Abweichungen ist ein Einzelband-Raster mit Werten zwischen 0 und 1. Weitere Informationen finden Sie unter Bildabweichungen erkennen.
Raster mit Spektren klassifizieren
Das Geoverarbeitungswerkzeug Raster mit Spektren klassifizieren klassifiziert ein hyperspektrales Bilddaten-Dataset mithilfe von Spektralabgleichsverfahren auf der Grundlage der Eingabe-Spektraldaten für verschiedene Objekte oder Klassen. Das Werkzeug unterstützt die folgenden Optionen für die Spektralabgleichsmethode:
- Spektralwinkel-Mapper: Bei dieser Methode wird der Vektorwinkel zwischen dem Eingabe-Multiband-Raster und den Referenzspektren berechnet, wobei das Spektrum jedes Pixels als Vektor behandelt wird. Die Winkelwerte werden in Bogenmaß angegeben.
- Spektrale Informationsdivergenz: Bei dieser Methode wird die spektrale Informationsdivergenz zwischen dem Eingabe-Multiband-Raster und den Referenzspektren berechnet. Für jedes Pixel wird eine Punktzahl berechnet, die auf der Divergenz zwischen den Wahrscheinlichkeitsverteilungen des Pixel- und des Referenzspektrums basiert. Die Werte werden in Bogenmaß angegeben.
Das Werkzeug kann auch Multiband-Ausgabe-Punktzahl-Raster liefern, in dem die Abgleichsergebnisse für jedes Endmember gespeichert werden. Die Reihenfolge der Bänder entspricht der Reihenfolge der Klassen in den Spektraldaten der Eingabe-Klasse. Weitere Informationen finden Sie unter Raster mit Spektren klassifizieren.
Assistent zur Erkennung von Spektralabweichungen
Bildabweichungen beziehen sich auf Pixel und Objekte, die sich spektral vom umgebenden Bildhintergrund unterscheiden. Der Zweck der Abweichungserkennung besteht darin, ein Bild zu analysieren und unbekannte Ziele mit bestimmten spektralen Merkmalen zu erkennen, sodass Bildanalysten sich schnell auf Bereiche konzentrieren können, die weitere Untersuchungen erfordern. Die Erkennung von Abweichungen hängt nicht von vordefinierten Eingaben ab, im Gegensatz zur Zielerkennung oder Feature-Extraktion, die Referenzspektren oder Trainingsdaten erfordern. Stattdessen wird mit diesem Workflow ein durchschnittlicher spektraler Hintergrund berechnet, und es werden Pixel identifiziert, die erheblich von diesem Hintergrund abweichen.
Der Assistent für die Erkennung von Abweichungen führt Sie durch den gesamten Workflow der Erkennung und Extraktion von Abweichungen. Der Assistent für die Erkennung von Abweichungen umfasst Empfehlungen und eine vereinfachte User Experience, sodass Sie die Erkennung von Bildabweichungen durchführen können, ohne einen Schritt auszulassen.
Der Assistent zur Erkennung von Abweichungen befindet sich in der Gruppe Analyse auf der Registerkarte Bilddaten. Wählen Sie das zu analysierende Raster-Dataset im Bereich Inhalt aus, um die Registerkarte Bilddaten anzuzeigen, klicken Sie auf die Dropdown-Liste Spektralanalyse, und wählen Sie den Assistenten zur Erkennung von Abweichungen aus. Weitere Informationen über den Workflow bei der Erkennung von Abweichungen finden Sie unter Assistent für die Erkennung von Abweichungen.
Spektralprofil-Diagramm
Spektralprofil-Diagramme ermöglichen die Auswahl von Interessenbereichen oder Boden-Features im Bild und die Überprüfung von Spektralinformationen aller Bänder im Diagrammformat. Ein Spektralprofil besteht aus Geometrie zur Definition der Pixelauswahl und einem Bild mit Schlüsselmetadaten, aus dem eine Stichprobe entnommen wird.

Die Grafik oben zeigt das Spektralprofil verschiedener Funktionen in AVIRIS-Bilddaten. Jede Funktion wird durch die Farbe der Wahl dargestellt. Beachten Sie die NULL-Daten um die Wellenlängenbereiche um 1300 und 1900 herum. Dabei handelt es sich um verrauschte Bänder, die durch Wasserdampf in der Atmosphäre verursacht werden. Diese Bänder wurden für eine genauere Analyse ausdrücklich ausgeschlossen. Weitere Informationen finden Sie unter Spektralprofil.
