Funktionsweise von "Neigung"

Mit der Spatial Analyst-Lizenz verfügbar.

Mit der 3D Analyst-Lizenz verfügbar.

Das Werkzeug Neigung ermittelt die Steilheit an jeder Zelle einer Raster-Oberfläche. Je niedriger der Neigungswert, desto flacher das Gelände. Je höher der Neigungswert, desto steiler das Gelände.

Hinweis:

Das Werkzeug Oberflächenparameter bietet eine neuere Implementierung der Neigung und sollte statt des Werkzeugs Neigung verwendet werden. Das Werkzeug Neigung passt eine Ebene an die neun lokalen Zellen an, aber eine Ebene ist möglicherweise kein guter Deskriptor der Landschaft und kann relevante natürliche Variationen maskieren oder überhöhen. Das Werkzeug Oberflächenparameter passt eine Oberfläche an die benachbarten Zellen an, nicht an eine Ebene. Dadurch ermöglicht es eine natürlichere Anpassung an das Terrain.

Das Werkzeug Neigung verwendet ein Fenster aus 3 mal 3 Zellen, um den Wert zu berechnen. Im Werkzeug Oberflächenparameter sind dagegen Fenstergrößen von 3 mal 3 bis 15 mal 15 Zellen möglich. Größere Fenster sind für Höhendaten mit hoher Auflösung nützlich, um Prozesse der Landoberfläche mit einem geeigneten Maßstab zu erfassen. Oberflächenparameter bietet zudem eine anpassungsfähige Fensteroption, die die lokale Variabilität des Terrains bewertet und die größte geeignete Nachbarschaftsgröße für jede Zelle identifiziert. Dies kann bei einem graduell homogenen Terrain, dass von Wasserläufen, Straßen oder tiefen Einschnitten in der Neigung unterbrochen ist, nützlich sein.

Sie können weiterhin dem traditionellen Ansatz des Werkzeugs Neigung folgen, wenn die Ergebnisse genau mit früheren Ausführungen des Werkzeugs übereinstimmen müssen oder wenn eine schnelle Ausführung wichtiger als ein besserer Algorithmus ist.

Die Neigung des Ausgabe-Rasters kann in Grad oder Prozent (prozentuale Steigung) berechnet werden. Die prozentuale Steigung ist einfacher zu verstehen, wenn Sie diese als Steigung, geteilt durch die Entfernung, multipliziert mit 100, betrachten. Siehe Dreieck B unten. Bei einem Winkel von 45 Grad entspricht die Steigung der Entfernung, und die prozentuale Steigung beträgt 100 Prozent. Wenn die Neigung sich der Vertikalen (90 Grad) annähert, wie im Falle von Dreieck C, geht die prozentuale Neigung ins Unendliche.

Neigung in Grad und in Prozent im Vergleich
Werte für Neigung in Grad und in Prozent im Vergleich

Das Werkzeug Neigung wird am häufigsten auf Höhen-Datasets angewendet (siehe das folgende Diagramm). Steilere Neigungen sind im Ausgabe-Neigungs-Raster in einem dunkleren Braun schattiert.

Beispiel für eine Neigungsausgabe

Das Werkzeug kann auch zusammen mit anderen Typen kontinuierlicher Daten, wie z. B. Bevölkerungsdaten, verwendet werden, um einschneidende Wertänderungen zu ermitteln.

Berechnungsmethoden und Kanteneffekt

Es gibt zwei Methoden zum Berechnen der Neigung. Mit dem Parameter Methode können Sie zwischen der planaren oder der geodätischen Berechnung auswählen.

Bei der planaren Methode wird die Neigung als die maximale Änderungsrate des Wertes einer Zelle zur unmittelbaren Nachbarzelle gemessen. Die Berechnung erfolgt auf einer projizierten flachen Ebene anhand des kartesischen Koordinatensystems in 2D. Der Neigungswert wird mit einer Schätzung der finiten Differenz dritter Ordnung berechnet.

Bei der geodätischen Methode erfolgt die Berechnung in einem kartesischen Koordinatensystems in 3D unter Berücksichtigung der Form der Erde als Ellipsoid. Der Neigungswert wird berechnet, indem der Winkel zwischen der topografischen Oberfläche und dem Referenzdatum gemessen wird.

Sowohl planare als auch geodätische Berechnungen werden anhand einer aus 3x3 Zellen bestehenden Zellengruppe (bewegliches Fenster) durchgeführt. Wenn die bearbeitete (mittlere) Zelle NoData ist, lautet die Ausgabe für jede Zellengruppe ebenfalls NoData. Zur Berechnung müssen außerdem mindestens sieben Zellen, die an die bearbeitete Zelle angrenzen, gültige Werte aufweisen. Sind weniger als sieben gültige Zellen vorhanden, erfolgt keine Berechnung, und die Ausgabe dieser zu verarbeitenden Zelle lautet "NoData".

Die Zellen der ganz am Rand des Ausgabe-Rasters befindlichen Zeilen und Spalten lauten "NoData". Das liegt daran, dass die Zellen entlang der Grenze des Eingabe-Datasets nicht an ausreichend viele andere Zellen angrenzen.

Methode "Planar"

Die Neigung wird als Änderungsrate (Delta) der Oberfläche in der horizontalen (dz/dx) und vertikalen (dz/dy) Richtung von der mittlere Zellen zu den einzelnen benachbarten Zellen berechnet. Der Basisalgorithmus zum Berechnen der Neigung lautet folgendermaßen:

slope_radians = ATAN ( √ ([dz/dx]2 + [dz/dy]2) )

Die Neigung wird in der Regel unter Verwendung des folgenden Algorithmus in Einheiten von Grad gemessen:

slope_degrees = ATAN ( √ ([dz/dx]2 + [dz/dy]2) ) * 57,29578

Hinweis:

Der hier angezeigte Wert 57,29578 ist eine abgeschnittene Version des Ergebnisses von 180/pi.

Der Neigungsalgorithmus kann auch wie folgt interpretiert werden:

slope_degrees = ATAN (rise_run) * 57,29578
  • Dabei gilt:

    rise_run = √ ([dz/dx]2 + [dz/dy]2]

Die Werte der Mittelzelle und ihrer acht benachbarten Zellen bestimmen die horizontalen und vertikalen Deltas. Die Nachbarn werden als Buchstaben a bis i identifiziert, wobei e die Zelle darstellt, für die die Neigung berechnet wird.

Oberflächenfenster
Fenster zum Scannen der Oberfläche

Die Änderungsrate in der x-Richtung für Zelle e wird mit dem folgenden Algorithmus berechnet:

[dz/dx] = ((c + 2f + i)*4/wght1 – (a + 2d + g)*4/wght2) / (8 * x_cellsize)
  • Dabei gilt:

    wght1 und wght2 bezeichnen die horizontal gewichtete Anzahl der gültigen Zellen.

    Wenn beispielsweise Folgendes gilt:

    • c, f und i enthalten alle gültige Werte, wght1 = (1+2*1+1) = 4.
    • i ist NoData, wght1 = (1+2*1+0) = 3.
    • f ist NoData, wght1 = (1+2*0+1) = 2.

    Die gleiche Logik gilt für wght2, nur dass die angrenzenden Positionen als a, d und g bezeichnet werden.

Die Änderungsrate in der y-Richtung für die Zelle e wird mit dem folgenden Algorithmus berechnet:

[dz/dy] = ((g + 2h + i)*4/wght3 – (a + 2b + c)*4/wght4) / (8 * y_cellsize)
  • Dabei gilt:

    wght3 und wght4 unterliegen denselben Prinzipien wie die Berechnung [dz/dx].

Beispiel für eine planare Neigungsberechnung

Beispiel: Der Neigungswert der mittleren Zelle des unten dargestellten beweglichen Fensters wird berechnet.

Beispiel für eine Neigungseingabe
Beispiel für eine Neigungseingabe

Die Änderungsrate in der x-Richtung für die mittlere Zelle e lautet:

[dz/dx] = ((c + 2f + i)*4/wght1 – (a + 2d + g)*4/wght2) / (8 * x_cellsize) = ((50 + 60 + 10)*4/(1+2+1) – (50 + 60 + 8)*4/(1+2+1)) / (8 * 5) = (120 – 118) / 40 = 0,05

Die Änderungsrate in der y-Richtung für die Zelle e lautet:

[dz/dy] = ((g + 2h + i)*4/wght3 – (a + 2b + c)*4/wght4) / (8 * y_cellsize) = ((8 + 20 + 10)*4/(1+2+1) – (50 + 90 + 50)*4/(1+2+1)) / (8 * 5) = (38 – 190 ) / 40 = –3,8

Mit den Änderungsraten in der x- und der y-Richtung für Zelle e wird die Neigung für die mittlere Zelle mit dem folgenden Algorithmus berechnet:

rise_run = √ ([dz/dx]2 + [dz/dy]2) = √ ((0,05)2 + (–3,8)2) = √ (0,0025 + 14,44) = 3,80032
slope_degrees = ATAN (rise_run) * 57,29578 = ATAN (3,80032) * 57,29578 = 1,31349 * 57,29578 = 75,25762

Der ganzzahlige Neigungswert für Zelle e beträgt 75 Grad.

Beispiel für eine Neigungsausgabe
Beispiel für eine Neigungsausgabe

Geodätische Methode

Bei der geodätischen Methode wird die Neigung in einem geozentrischen 3D-Koordinatensystem gemessen, das auch als ECEF-Koordinatensystem (Earth Centered, Earth Fixed) bezeichnet wird, indem die Form der Erde als Ellipsoid berücksichtigt wird. Das Ergebnis der Berechnung hat keine Auswirkungen auf die Projektion des Datasets. Es werden die Z-Einheiten des Eingabe-Rasters verwendet, wenn sie im Raumbezug definiert sind. Wenn keine Z-Einheiten im Raumbezug der Ausgabe definiert sind, müssen diese mit dem Z-Einheitenparameter definiert werden. Bei der geodätischen Methode ist die Berechnung der Neigung genauer als bei der planaren Methode.

Transformation geodätischer Koordinaten

Das ECEF-Koordinatensystem ist ein nach rechts ausgerichtetes kartesisches 3D-Koordinatensystem mit dem Erdmittelpunkt als Ursprung, in dem jede Position durch X-, Y- und Z-Koordinaten dargestellt wird. In der nachfolgenden Abbildung sehen Sie ein Beispiel für eine Zielposition T, die durch geozentrische Koordinaten ausgedrückt wird.

Das ECEF-Koordinatensystem
Das Oberflächen-Raster wird aus dem Eingabe-Koordinatensystem in ein geozentrisches 3D-Koordinatensystem umgewandelt.

Die geodätische Berechnung verwendet eine X-, Y-, Z-Koordinate, die basierend auf ihrer geodätischen Koordinaten (Breitengrad φ, Längengrad λ, Höhe h) berechnet wird. Wenn das Koordinatensystem des Eingabe-Oberflächen-Rasters ein projiziertes Koordinatensystem (PCS) ist, wird das Raster zunächst erneut in ein geographisches Koordinatensystem (GCS) projiziert, wo jede Position eine geodätische Koordinate aufweist, und wird dann in das ECEF-Koordinatensystem transformiert. Die Höhe (Z-Wert) ist die Ellipsoidhöhe, die auf die Ellipsoidoberfläche referenziert wird. Weitere Informationen können der Grafik in der Abbildung unten entnommen werden.

Ellipsoidhöhe
Ellipsoidhöhe

Verwenden Sie die folgenden Formeln, um geodätische Koordinaten (Breitengrad φ, Längengrad λ, Höhe h) in ECEF-Koordinaten zu transformieren:

X = (N(φ)+h)cosφcosλ
Y = (N(φ)+h)cosφsinλ
Z = (b2/a2*N(φ)+h)sinφ
  • Dabei gilt:
    • N( φ ) = a2/ √(a2cosφ2+b2sinφ2)
    • φ = Breitengrad
    • λ = Längengrad
    • h = Ellipsoidhöhe
    • a = Hauptachse des Ellipsoids
    • b = Nebenachse des Ellipsoids

In den oben aufgeführten Formeln ist die Ellipsoidhöhe h in Meter angegeben. Wenn die Z-Einheit Ihres Eingabe-Raster in einer anderen Einheit vorliegt, wird sie intern in Meter transformiert.

Berechnung der Neigung

Die geodätische Neigung ist der Winkel zwischen der topografischen und der Ellipsoid-Oberfläche. Jede Oberfläche parallel zur Ellipsoid-Oberfläche hat eine Neigung von 0. Um die Neigung an den einzelnen Positionen zu berechnen, wird eine aus 3 x 3 Zellen bestehende Zellengruppenebene um jede bearbeitete Zelle per LSM (Least Squares Method) angepasst. Die beste Anpassung der LSM minimiert die Summe der quadrierten Differenz (dzi) zwischen dem tatsächlichen und dem angepassten Z-Wert. Ein Beispiel finden Sie in der Abbildung unten.

Beispiel für die Methode der kleinsten Quadrate (LSF)
Beispiel für die Methode der kleinsten Quadrate (LSF)

Hier ist die Ebene als z = Ax + By + C dargestellt. Für jeden Zellenmittelpunkt ist dzi die Differenz zwischen dem tatsächlichen und dem angepassten Z-Wert.

Die Ebene wird optimal angepasst, wenn ∑9i=1dzi2 minimiert wird.

Nachdem die Ebene angepasst wurde, wird eine Oberflächennormale an der Zellenposition berechnet. An derselben Position wird ebenfalls eine Ellipsoidnormale rechtwinklig zur Tangentenebene der Ellipsoidoberfläche berechnet.

Berechnung der geodätischen Neigung
Berechnung der geodätischen Neigung

Die Neigung in Grad wird aus dem Winkel zwischen der Ellipsoid-Normalen und der Normalen der topografischen Oberfläche berechnet, die hier als β dargestellt ist. In der Abbildung oben ist der Winkel α gemäß dem Gesetz der Kongruenzgeometrie die geodätische Neigung, die dem Winkel β entspricht.

Um den Prozentanstieg der Neigung zu berechnen, wird die folgende Formel verwendet:

Slope_PercentRise = ATAN(β) * 100 %

Sollte ich das Werkzeug "Oberflächenparameter" verwenden?

Wenn der Wert des Parameters Eingabe-Raster (in_raster in Python) eine hohe Auflösung für eine geringere Zellengröße als einige Meter angibt oder besonders verrauscht ist, sollten Sie das Werkzeug Oberflächenparameter und seine Option für die benutzerdefinierte Nachbarschaftsentfernung statt seiner Option für die unmittelbare 3x3-Nachbarschaft verwenden. Die Auswirkung verrauschter Oberflächen kann durch Verwendung einer größeren Nachbarschaft minimiert werden. Mit einer größeren Nachbarschaft lassen sich auch Terrains und Oberflächeneigenschaften besser darstellen, wenn Oberflächen mit hoher Auflösung verwendet werden.

Verwendung einer GPU

Für die geodätische Methode kann mit diesem Werkzeug die Performance gesteigert werden, wenn Sie eine bestimmte GPU-Hardware auf Ihrem System installiert haben. Weitere Informationen zur Unterstützung, Konfiguration und Aktivierung dieser Funktion finden Sie unter GPU-Verarbeitung mit Spatial Analyst.

Referenzen

Marcin Ligas, and Piotr Banasik, 2011. Conversion between Cartesian and geodetic coordinates on a rotational ellipsoid by solving a system of nonlinear equations (GEODESY AND CARTOGRAPHY), Bd. 60, Nr. 2, 2011, S. 145-159

B. Hofmann-Wellenhof, H. Lichtenegger and J. Collins, 2001. GPS – theory and practice Abschnitt 10.2.1. S. 282.

David Eberly 1999. Least Squares Fitting of Data (Geometric Tools, LLC), S. 3.

Verwandte Themen